Ein Alltag ohne Barrieren – noch ein weiter Weg in Leichlingen

Am heutigen Internationalen Tag der Menschen mit Beeinträchtigung werfen wir einen Blick auf die Situation in Leichlingen. Trotz gesetzlicher Vorgaben und internationaler Vereinbarungen bleibt die gleichberechtigte Teilhabe für viele Menschen mit Beeinträchtigung eingeschränkt.

Die rechtliche Grundlage: Gleichberechtigung als Anspruch

Artikel 3 des Grundgesetzes garantiert: „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.“ Ergänzend verpflichtet die UN-Behindertenrechtskonvention, die Deutschland 2009 ratifiziert hat, dazu, in allen Lebensbereichen Barrieren abzubauen und Inklusion zu fördern. Doch die Realität in Leichlingen zeigt, dass zwischen Anspruch und Wirklichkeit oft eine Lücke klafft.

Barrieren in Leichlingen: Herausforderungen des Alltags

In Leichlingen fehlen bis heute wichtige Strukturen wie ein Behindertenbeirat, der die Anliegen Betroffener vertreten könnte. Viele öffentliche Orte und Angebote sind nicht barrierefrei gestaltet:

  • Öffentliche Plätze, wie der Bahnhof und der neu gestaltete Stadtpark, wurden ohne barrierefreie Toiletten ausgestattet.
  • Bus-Haltestellen sind oft nur über unebene Wege erreichbar und nicht für Menschen mit eingeschränkter Mobilität ausgelegt.
  • Ampelanlagen und Übergänge sind nicht behindertengerecht gestaltet.
  • Die Außenstelle des Rathauses in Witzhelden ist für Rollstuhlfahrer unerreichbar, da sie sich im ersten Stock befindet. Betroffene müssen klingeln, und die Mitarbeiter kommen nach unten, um den Bürgerservice so gut wie möglich vor Ort anzubieten. Solche Sonderlösungen hindern Menschen mit Beeinträchtigung daran, gleichberechtigt am öffentlichen Leben teilzunehmen, anstatt geeignete, barrierefreie Räumlichkeiten bereitzustellen.
  • Der Ratssaal kann nur über einen speziellen Aufzug erreicht werden, der mit Unterstützung eines städtischen Mitarbeiters bedient werden muss – spontane Besuche oder politische Teilhabe sind dadurch erheblich erschwert.
  • Spielplätze sind selten für Kinder mit Beeinträchtigung zugänglich oder mit geeigneten Spielgeräten ausgestattet. Wir müssen uns dafür einsetzen, dass Inklusion und Vielfalt schon von klein auf in unserer Gesellschaft etabliert werden.
  • Bürgersteige sind oft zu schmal, in schlechtem Zustand (z. B. durch Baumwurzeln) oder haben unüberwindbare Kanten.
  • Schulen müssen vollständig barrierefrei sein. In der GGS Uferstraße fehlt beispielsweise ein Aufzug.

Selbst die Webseite der Stadt Leichlingen entspricht nicht den Anforderungen an Barrierefreiheit – ein gravierender Nachteil in einer digitalisierten Gesellschaft.

Mehr als sichtbare Hindernisse: Unsichtbare Barrieren

Nicht jede Beeinträchtigung ist sichtbar. Menschen mit chronischen Erkrankungen oder psychischen Beeinträchtigungen stoßen auf oft übersehene Hürden. Der Teilhabebericht der Bundesregierung beschreibt treffend: „Die Person ist nicht behindert, sie wird behindert.“

Notfälle: Besonders herausfordernd für Menschen mit Beeinträchtigung

Ein inklusives Notfallmanagement fehlt in Leichlingen bislang. Wichtige Fragen bleiben unbeantwortet:

  • Wie können Rollstuhlfahrer bei Naturkatastrophen rechtzeitig flüchten?
  • Wie werden gehörlose Menschen über Evakuierungen informiert?
  • Wie erreichen mobilitätseingeschränkte Personen im Ernstfall Notunterkünfte oder Krankenhäuser?

Diese Lücken sind besorgniserregend und zeigen, wie dringend Maßnahmen erforderlich sind.

Erste positive Ansätze in der Stadt

Trotz vieler Defizite gibt es auch Lichtblicke. Private Menschen, Organisationen und Vereine engagieren sich zunehmend für ein inklusives Miteinander und fördern Begegnungen auf Augenhöhe. Solche Ansätze sind von großer Bedeutung, um Vorurteile abzubauen und Barrieren – ob bauliche, soziale oder strukturelle – zu überwinden.

Ein Beispiel für den richtigen Weg zeigt sich in der gemeinsamen Antragstellung von betroffenen und nicht betroffenen Menschen, die den notwendigen Handlungsbedarf verdeutlichen: Der Antrag vom 23.05.2024, der die verpflichtende Bereitstellung einer behindertengerechten DIXI-Toilette bei Veranstaltungen im Alten Stadtpark fordert. Dieser Antrag wurde jedoch bis heute weder von der Verwaltung noch von der Politik aufgegriffen – ein weiteres Zeichen dafür, wie wichtig es ist, dass die Belange von Menschen mit Beeinträchtigungen nicht länger ignoriert werden.

Ein Weg zur inklusiven Gesellschaft: Barrierefreiheit als Ziel

Barrierefreiheit ist nicht nur eine Frage von Mobilität, sondern betrifft Wohnen, Bildung, Gesundheit und Digitalisierung gleichermaßen. Die Stadt Leichlingen steht in der Verantwortung, ihre Verpflichtungen ernst zu nehmen und Inklusion in die Praxis umzusetzen.

Wahlen 2024: Bleibt Inklusion ein Randthema?

Am 23. Februar 2024 finden Bundestagswahlen statt. Doch auf den Prioritätenlisten der meisten Parteien fehlt Inklusion. Ähnliches könnte bei den Kommunal- und Bürgermeisterwahlen im September 2024 in Leichlingen der Fall sein. Betrachtet man die Vergangenheit, bleibt fraglich, ob Inklusion dieses Mal eine wichtige Rolle spielt.

Ein Alltag ohne Barrieren ist kein Privileg, sondern ein Menschenrecht. Gemeinsam können wir dafür sorgen, dass Leichlingen zu einer Stadt wird, die wirklich für alle da ist.