Vor einem lesenden Mädchen erschreckt: Was die rassistische Hetze gegen eine junge Lesemeisterin über uns aussagt

Als am Montag der Stadtentscheid des Bonner Vorlesewettbewerbs der sechsten Klassen ausgetragen wurde, stand nicht nur ein junges Mädchen mit außergewöhnlichem Talent und einer Leidenschaft für Bücher im Rampenlicht. Dieser Tag offenbarte auch tiefe Risse in der scheinbaren Toleranz unserer Gesellschaft, als die junge Gewinnerin zum Ziel rassistischer Hetze in den sozialen Medien wurde. Die Organisatoren sahen sich gezwungen, die Kommentarfunktion zu deaktivieren, um die Sicherheit und Würde der Teilnehmerin zu schützen, eine Entscheidung, die die ernsten Herausforderungen unserer Zeit widerspiegelt.

Diese Ereignisse werfen ein grelles Licht auf ein grundlegendes Problem: Die Unfähigkeit oder Unwilligkeit einiger, Vielfalt und Erfolg zu akzeptieren, steht im krassen Gegensatz zu dem, was Bücher repräsentieren – das Eintauchen in unbekannte Welten, das Verständnis für fremde Perspektiven und das persönliche Wachstum durch Wissen. In einer Ära, in der digitale Medien dominieren und das Lesen als Freude und Mittel zur Bildung zunehmend in den Hintergrund tritt, sollte die Leistung des Mädchens ein Anlass zur Freude und Inspiration sein, nicht zur Spaltung.

Es ist paradox, dass trotz des leichteren Zugangs zu Büchern und literarischen Ressourcen – von öffentlichen Bücherschränken bis hin zu Stadtbüchereien – das Interesse am Lesen abnimmt. Dieser Moment hätte eine Chance sein können, das Lesen und die Bildung zu fördern, stattdessen wählten einige den Pfad der Intoleranz.

Die Reaktionen auf den Vorlesewettbewerb unterstreichen die Notwendigkeit einer gesellschaftlichen Reflexion: Wie können wir solchen negativen Tendenzen entgegentreten und eine Kultur der Akzeptanz und des gegenseitigen Respekts fördern? Die Freude über den Erfolg eines Kindes, das seine Liebe zum Lesen zeigt, sollte unabhängig von seiner Herkunft geteilt werden.

Wir stehen an einem Wendepunkt, an dem wir uns entscheiden müssen, ob wir weiterhin zulassen, dass Hass und Rassismus unsere Gesellschaft prägen, oder ob wir gemeinsam für eine Welt eintreten, in der das Lesen und die Vielfalt gefeiert werden. Die Reaktionen der Community auf den Vorfall zeigen, dass viele bereit sind, sich diesem Kampf anzuschließen. Es ist ein Aufruf, sich wieder auf das Wesentliche zu besinnen: auf die Freude am Lesen, am Lernen und am Wachsen.

Lasst uns zusammenstehen und für eine Gesellschaft eintreten, in der das Lesen gefeiert wird und in der kein Platz für Hass und Rassismus ist. Ein solcher Vorfall darf nicht nur als bedrückendes Ereignis gesehen werden, sondern auch als ein Weckruf, der uns dazu motiviert, für eine gerechtere, tolerantere und inklusivere Gesellschaft zu kämpfen.

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