Elternbrief vom 01.06.2020
Sehr geehrte Damen und Herren,
mein Mann und ich sind beide berufstätig 100% und 80%. Wir haben zwei schulpflichtige Kinder (1. Klasse und 5. Klasse). Seit März koordinieren wir selbstverständlich die Kombination aus Arbeit und Schule. Die Anfangszeit war geprägt von einer sehr chaotischen Koordination des Homeschoolings durch die Schulen. Wir haben dies aber sehr verständnisvoll aufgenommen und die Aufgaben selbst strukturiert. Auffällig ist, dass viele Lehrer Probleme mit digitalen Produkten haben. Es fehlt ihnen das in der Wirtschaft benötigte Verständnis für zum Beispiel Officeprodukte. Da gibt es in Teilbereichen erheblichen Nachholbedarf. Die Erwartungen von uns Eltern war, dass sich die Schulen nach einer Übergangsphase auf die Situation einstellen. Diese Erwartung wurde massiv enttäuscht.
Beruflich gesehen haben wir durch Homeschooling gegüber Nicht-Eltern erhebliche Nachteile und werden ungleich behandelt. Denn wir können uns nicht so auf unsere berufliche Tätigkeit konzentrieren, wie unsere Kollegen. Darauf nehmen die Unternehmen keinerlei Rücksicht und werden dazu auch nicht von der Politik aufgefordert. Im Gegenteil es entsteht ein Ungleichgewicht zwischen den wirtschaftlichen Fähigkeiten unserer Unternehmen mt der Vereinbarkeit von Familien. Die Unternehmen müssen und wollen die Anwesenheit wieder auf ein normales Niveau hochfahren. Das ist teilweise zwingend notwendig, damit diese überhaupt langfristig wirtschaftlich überleben können. Währenddessen besteht weiterhin eine Beschulung auf niedrigsten Niveau. Dies führt zu einer erheblich Dysbalance zwischen den Wünschen der Arbeitgeber auf der einen Seite und den Betreuungsmöglichkeiten der Eltern auf der anderen Seite. Großeltern und andere Risikogruppen können für die Betreuung nicht genutzt werden. Dies führt dazu, dass meistens die Frauen Arbeitszeiten reduzieren müssen, damit diese Dysbalance ausgeglichen werden kann. Die Arbeitgeber werden diesen „Einsatz“ wahrscheinlich in den nächsten Kürzungsrunden berücksichtigen. Wir fühlen uns in dieser Situation im Stich gelassen und hoffen weiterhin auf eine Vereinbarung von Familie und Beruf. Wir sind beide gut ausgebildet und man hat uns jahrelang suggeriert Beruf und Kinder wären machbar. Wir sind inzwischen an der Grenze der Machbarkeit und darüber hinaus. Viele Eltern (ein Drittel) sind aktuell in Kurzarbeit und können so besser mit der Situation umgehen. Das sollte aber nicht die Lösung für die Deutsche Wirtschaft sein. Wir sind zum Glück bei Unternehmen, die keine Kurzarbeit angemeldet haben.
Die Konzepte der Schulen und Kreise sind mehr als dürftig und unbefriedigend. Warum nimmt man sich kein Beispiel an Privat Schulen wie der International School in Sindlingen? Dort sind die Hälfte der Schüler im Unterricht und die andere Hälfte ist digital anwesend (einfaches Homeschooling über Video). Wir sind uns sicher, dass Eltern gerne unterstützen wenn es um Crowd Funding für Schulen oder technischen Support geht. Auch wenn es eine Schande ist, dass die Industrie mit Geldern unterstützt wird, während im Bildungssystem kein Cent investiert wird. Es muss eine Taskforce Schule gegründet werden, damit wir diese Probleme gemeinsam angehen. Es gibt viele kreative Lösungsmöglichkeiten, damit wir in der aktuellen Situation besser vorankommen. Aus unserer Sicht ist es keine Option so weiter voranzugehen. Das führt zu frustrierten Lehrern, Eltern, Arbeitgebern und Schülern. Nur ein Gesamtkonzept für Wirtschaft und Schule kann die Lösung bringen. Binden Sie uns Eltern ein. Wir sind auch Lehrer, IT-Experten, Unternehmer und Politiker. Gemeinsam können wir mehr erreichen. Bei einem „weiter so“ wird das klassische Rollenbild der Frau in die falsche Richtung entwickelt, die sich vorrangig wieder um die Kinder kümmern muss. Wir wissen das dies eine noch nicht da gewesene Herausforderung ist, aber wir müssen das gemeinsam schaffen!!!!
K. und S.
Quelle: Elterninderkrise.de